Bammschlagen

Kulturgeschichtliches vom Glockenbeiern und Bammschlagen

(Von Dr. Horst Bursch, Bilder: Bammschläger im Glockenturm von St. Evergislus, Brenig)

Das Beiern mit Kirchenglocken ist ein seit dem Mittelalter vor allem im Rheinland zu beobachtender Brauch, der sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. So entschließen sich immer mehr Pfarrgemeinden, diese Art des besonders festlichen Geläutes (erneut) einzuführen.

Im Dekanat Bornheim mit seinen insgesamt 19 Pfarreien wird in folgenden Ortschaften gebeiert: in Roisdorf, Bornheim, Brenig, Dersdorf, Waldorf, Kardorf, Hemmerich, Rösberg, Merten, Sechtem, Walberberg, Witterschlick und Impekoven. An Weihnachten ertönen vom Herseler Kirchturm kurze weihnachtliche Melodien im Beierrhythmus. Gebeiert wird nur zu besonderen Anlässen und Zeiten.

Die Technik des Beierns

Die Technik des Beierns ist von Ort zu Ort unterschiedlich und hängt vornehmlich mit den Gegebenheiten in der Glockenstube zusammen. So hängen in Merten, Rösberg und Roisdorf die Glocken in drei Etagen übereinander, so dass mit Hilfe von Seilzügen und Umlenkrollen das so typische, kurze, ostinate Anschlagen der Glocken mit dem Klöppel möglich ist. In Waldorf befinden sich die Glocken auf zwei durch eine Zwischendecke voneinander getrennten Geschossen. Hier schlagen je zwei Beierleute, die sich vom Takt her vollkommen aufeinander verlassen müssen, die Glocken an, die wegen ihres großen Gewichtes noch nicht einmal besonders festgezurrt werden müssen. In Hemmerich und Dersdorf etwa hängen jeweils drei Glocken auf einer Ebene nebeneinander. Diese Glocken werden mit Hilfe von Holzlatten und Keilen „ruhiggestellt“. In Dersdorf geschieht dies, indem die großen Schwungräder der Glocken blockiert werden.

Nun werden die Klöppel ganz nahe an den Glockenschlagring herangezogen, mit einem Seil an der Klöppelflucht (dem untersten Teil des Klöppels) festgebunden, dessen anderes Ende am Gebälk des Glockenstuhls straff gefestigt wird. So sind während der ganzen Zeit des Beierns die Klöppel in Schrägstellung, wenige Zentimeter von der Glockenwand entfernt. Durch ruckartiges Ziehen an bzw. Schlagen auf die Seile (wobei eines der gespannten Seile mit dem Fuß getreten wird) wird nun eine Beiermelodie erzeugt, die sich durch Schnelligkeit und Abwechslung im Rhythmus auszeichnet.


Einen beeindruckenden Einblick in das Beiern und Bammschlagen im Kirchturm der Breniger Pfarrkirche St. Evergislus vermittelt ein Film, der auf der Homepage der Breniger Schützen zu sehen ist:

 

www.schuetzen-brenig.de/glaube-sitte-heimat/bammschlagen

Hier finden Sie außerdem eine Radiobeitrag des DLF zu diesem Thema und eine Reihe von aktuellen und historischen Klangbeispielen des Beierns und Bammschlagens in Brenig.


Melodien und Beiersprüche

Die verschiedenen Melodien sind mit von Dorf zu Dorf unterschiedlichen Necksprüchen, die teils ein hohes Alter aufweisen, unterlegt. Diese Beiersprüche sind ortskundlich bisweilen höchst aufschlussreich.
So heißt es etwa mit Blick auf Brenig: „Em Brenije Feld, do öss en Kält, do frühß et un schneit et, ühr Plackköpp, ühr Plackköpp.“ Hier geht es also um das winterliche Mikroklima in der Breniger Feldgemarkung.
Für Hemmerich gilt: „Da Hemmerije Dreck, dä öss wie Speck; dä hüet däm Herrn von Nordeck zu Nordeck.“ Viele Bauern hatten nämlich einst vom Hemmericher Burgbesitzer Land gepachtet.
Eine Variante lautet: „Ühr Hemmerije Löck, sett doch nmet jeck, denn all ühre Dreck, dä hüet däm Herrn von Nordeck zu Nordeck.“

 

Der Brauch des Glockenbeierns ist für die Rösberger Markuskirche bereits 1635 nachgewiesen. Ein auf das dortige Beiern bezogener Spruch lautet: „Zint Märkes, zint Märkes: Wat solle me kauche? Stockfesch met Eadäppele./ Zent Märkes, zent Märkes :ne Rögge , ne Jrees ,ne Kooche“ oder auch „… Zint Märkes, zint Märkes; ne Weck, Weck, Weck; ne Rögge, ne Jrees, ne Kooche“. Die Angaben der Backwaren (Weck- bzw. Weißbrot, Roggenbrot, Grießmehltorte, Kuchen) beziehen sich auf eine Brotspende der freiherrlichen Familie von und zu Weichs anlässlich des Festtages zu St. Markus (Patroziniumfest).
In Merten beierte einst einmal ein Mann, der gerne dem Schabau zusprach, daher das Verslein: „Dä Schneipel, dä Schneipel, die Brandewingsnaas, die süff Schabau, suvell wie e Faaß“ (der Schneipel, die Brandweinnase, säuft Schnaps wie ein Faß).
Bekanntlich werden die Waldorfer als „Ochsen“ geschmäht (wie die Sechtemer als „Knolle“ und die Kardorfer als „Eapelsrääve“ = Kartoffelaufheber). So müssen sich die Waldorfer von den Ortsnachbarn einen ulkigen Beierspruch gefallen lassen: „En de Waldebbe Jemeen senn de Oaße deheem; die fresse sich net satt un träcke ävve hatt ahn de Pohlkaa, ahn de Pohlkaa.“
In Sechtem „singen“ die Glocken: „Böng ahn die Koh un böng dat Kalef un schäpp däm Pead dat Foohde dah, un komm dann, un komm dann.“ Die letztgenannte Aufforderung bezieht sich darauf, nach dem Füttern der Tiere zur Messe zu eilen.
Einer der häufigsten Sprüche ist der von den sieben Schweinen: „Sebbe, sebbe Säu ein eenem Stall un kenne Penn (Riegel) drop, un kenne Penn drop.“
Aus Walberberg ist unter anderem folgender Spruch überliefert: „Hei Fidelei ös fottjejange, hätt de Schohn kapottjejange; Hei Fidelei ös weddekomme, hätt de Schohn möt Droht jebonge;“ was soviel heist wie „Der Fidelei ist fortgegangen und den Schuh kaputt gelaufen, ist dann wiedergekommen und den Schuh mit Draht geflickt.

„… daher nehmet euch mit Läuten und Bammschlagen in Acht.“

Akten, Urkunden und Glockeninschriften belegen, dass im Vorgebirge nachweislich seit dem späten Mittelalter gebeiert wird (siehe oben).
Mitunter verunglückte durch unsachgemäßes Beiern schon mal eine Glocke, so 1714 in Gielsdorf, wo die kleine Margarethenglocke „zwischen dem Beyeren verunglückte und durch einen ganz unvermutet überkommenen Borst ihren lieblichen Schall verloren“ hatte.
Am Lichtmesstag des Jahres 1783 ging in Merten „durch willmüthiges übermäßiges Bäyeren der jungen Burschen die kleinste Glocke“ zu Bruch, wie der damalige Pfarrer Philipp Nöthen im Kirchenbuch notierte. 1808 erwischte es eine gerade einmal vier Jahre alte Glocke in Rösberg. Sie wurde neu gegossen und erhielt eine Inschrift, deren letzter Satz lautet: „Jeder hüte sich, mich zu verderben, weil mein Tod viel Kosten macht; daher nehmet euch mit Läuten und Bammschlagen in Acht.“

Das Wort „beiern“ stammt übrigens aus dem Nordfranzösichen, wo mit „baier“ das Anschlagen (Bellen) der Hunde gemeint war. Noch heute spricht ja der Jäger vom „Hundegeläut“.

Eigener Opferstock für das traditionelle Beiern in Brenig

Seit den 1970er Jahren haben die Breniger Schützen den Brauch des Beierns und Bammschlagens von den Junggesellen übernommen und an den drei Glocken der Breniger Pfarrkirche fortgeführt.
Mehr: Homepage der St Sebastianus Schützenbruderschaft …

In der Zeit von Ostern bis Pfingsten wird in Brenig das Beiern bzw. Bammschlagen gepflegt. Traditionell gingen die Bammschläger dann am Pfingstmontag durch die Straßen Brenigs und sammelten. Aus dem Erlös wurde z.B. ein Ausflug oder notwendige Anschaffungen gezahlt.

Die aktive Beiergruppe musste aus Zeitgründen von dieser Haussammlung Abstand nehmen. Daher hat der Kirchenvorstand beschossen, einen Opferstock aufzustellen und bittet alle Gemeindemitglieder um eine Spende für diese alte Tradition und die Beiergruppe.

Der Opferstock steht in der Breniger Pfarrkirche St. Evergislus am Schriftenstand. Künftig wird aus diesem Grund auch die Kollekte an Fronleichnam zu Gunsten des Beierns und Bammschlagens in unserer Pfarrei gehalten.

 

Termine, an denen in Brenig gebeiert und bammgeschlagen wird:

Ostersonntag

8:00 Uhr und nach dem Hochamt,
zwischen Ostern und Pfingsten an allen Samstagen von 17:00 – 18:00 Uhr und an allen Sonntagen um 8:00 Uhr

Weißer Sonntag bzw. Kommunionsonntag

Am Vorabend 17:00 Uhr und Sonntag 8:00 Uhr

Pfingsten

Am Vorabend 17:00 Uhr, Sonntag 8:00 Uhr und nach dem Hochamt

Fronleichnam

Am Vorabend 17:00 Uhr, Fronleichnam 8:00 Uhr und während der Prozession

Patronatsfest St. Evergislus (24. Oktober bzw. am darauffolgenden Sonntag)

Am Vorabend 17:00 Uhr, am Festtag 8:00 Uhr.